Pressemitteilung von Lebenswertes Gießen e. V. vom 15.6.2018
Kostenexplosion beim Bahndamm-Durchstich: Lebenswertes Gießen geht von vollständiger
Aufklärung und Transparenz aus
Aus Sicht von Lebenswertes Gießen e. V. sind im Zusammenhang mit dem Durchstich von der Dammstraße in die Bootshausstraße, dessen Kostenkalkulation bundesweit für peinliche Schlagzeigen gesorgt hat, noch wesentliche Fragen offen. Angesichts der finanziellen Größenordnung im Millionenbereich und der Signalwirkung für das Vertrauen der Bevölkerung in die Handlungen des Magistrats ist es die Pflicht der Verantwortlichen, gegenüber der Gießener Öffentlichkeit für größtmögliche Transparenz zu sorgen.
Die Oberbürgermeisterin Grabe-Bolz persönlich hat das Vorgehen der Stadtverwaltung im Zusammenhang mit dem Dammdurchstich im Haupt- und Finanzausschuss als „unprofessionell“ und „dilettantisch“ bezeichnet.
„Die Frage steht im Raum, ob die Aussage in dieser Form richtig ist“, so der 1. Vorsitzende von LeGi, Lutz Hiestermann. „Zunächst ist es nicht fair von der OB, hier von ‚der Verwaltung‘ zu sprechen, wenn völlig klar ist, wer gemeint sein müsste, nämlich ihre Magistratskollegin Weigel-Greilich. Bei einer Ausgabe dieser Größenordnung hat doch wohl immer ein Dezernent bzw. eine Dezernentin die Verantwortung zu tragen.“
Nach verlässlichen Informationen von ehemaligen Mitarbeitern der Stadtverwaltung war die Problematik der z. T. fehlenden Nachvollziehbarkeit von Brutto oder Netto in den Angeboten der Bahn aus früheren Projekten schon seit vielen Jahren bekannt, und jede Kalkulationen mussten seitens der Verwaltung entsprechend genau geprüft werden. „Wenn diese Informationen aus verschiedenen Quellen stimmen, was wir nicht bezweifeln, wäre es eindeutig die Pflicht der zuständigen Dezernentin gewesen, auch in dem vorliegenden Fall sicherzustellen, dass eine solche Verwechselung ausgeschlossen werden kann“, so Lutz Hiestermann weiter.
Daraus lassen sich nach Meinung von Lebenswertes Gießen nur zwei mögliche Sichtweisen ableiten: Entweder hat Frau Weigel-Greilich diese Klärung „unprofessionell“ und „dilettantisch“ versäumt. Dann wäre sie ihrer Verantwortung nicht im Entferntesten gerecht geworden und müsste sich vermutlich fragen lassen, ob sie ihrem Amt gewachsen ist.
Oder aber die Bürgermeisterin kannte frühzeitig die Problematik und war sich daher auch darüber im Klaren, dass das Vorhaben Dammdurchstich erheblich teurer werden würde. Dann aber hätte sie dieses Wissen über Monate, wenn nicht Jahre verborgen – vor der Öffentlichkeit, dem Parlament und selbst vor ihren Magistratskollegen, die erst vor wenigen Wochen von der massiven Kostensteigerung erfahren haben.
In diesem Fall hätte Frau Weigel-Greilich über die Köpfe ihrer Magistratskollegen hinweg im Alleingang für die Entscheidung für ein bereits im Vorfeld bei weitem nicht unumstrittenes Vorhaben gesorgt, das bei frühzeitigem Bekanntwerden der tatsächlichen Kosten mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nicht realisiert worden wäre – man bedenke, dass Gießen in diesem ganzen Zeitraum unter dem Rettungsschirm des Landes Hessen gestanden hat. Dann wiederum stellt sich die Frage, warum sich die anderen Magistratsmitglieder in einer Nibelungentreue auf das Kollegialprinzip zurückziehen, statt hier die Verantwortlichkeit zu benennen.
„Die Weigerung der Oberbürgermeisterin und der Koalition, die wohl bereits vorliegende Stellungnahme des Revisionsamts zu den Mehrkosten zu veröffentlichen, lässt leider Spielraum für Spekulationen darüber, ob hier Dinge vertuscht werden sollen,“ so Dr. Eckart Schneider vom Verein. „Dabei hat sie selbst doch erst vor Kurzem wieder bei der Präsentation der JLU zu den Planungen rund um den neuen Campus die Bedeutung der Transparenz im Zusammenhang mit der Bürgerbeteiligung betont.“
Ebenso wie viele Bürgerinnen und Bürger erwartet Lebenswertes Gießen e. V. vom Magistrat und der Stadtverwaltung, die Vorgänge jetzt lückenlos aufzudecken, damit sich ein klares Bild von Verantwortlichkeiten und Versäumnissen ergibt und auf dieser Basis entsprechende Maßnahmen für die Zukunft abgeleitet werden können.