Lebenswertes Gießen e. V. kritisiert mangelhafte Öffentlichkeitsarbeit im Vorfeld der SWG-Bürgerbeteiligungsveranstaltung zum Thema TREA II und Energiekonzept
Mit deutlicher Kritik reagiert der Verein Lebenswertes Gießen e.V. auf das Vorgehen der Stadtwerke Gießen (SWG) im Vorfeld der Informationsveranstaltung in der letzten Woche. Laut Transparenzvertrag mit der Stadt Gießen vom 14. November 2014 waren die SWG zu dieser Veranstaltung verpflichtet und wollten laut einem Pressebericht (GAZ 30.01.2015) dort in einer „Diskussion mit den Anwohnern“ den Bürgerinnen und Bürgern das Wichtigste zur TREA II und zum Energiekonzept für Gießen erläutern.
Nur: Wo war sie denn, die Öffentlichkeit? Ein überschaubares Publikum von gerade einmal 10 Personen (!) fand sich am vergangenen Mittwoch in den Räumen der Stadtwerke ein – Resultat einer bewusst mehr als dürftigen Öffentlichkeitsarbeit.
Frühzeitig war nur der Verein Lebenswertes Gießen e. V. eingeladen worden, aber erst am Samstag vor der Veranstaltung fand sich – versteckt zwischen Reklame und kommerziellen Veranstaltungsankündigungen – in den Gießener Tageszeitungen ein Hinweis. Offensichtlich nicht explizit zur Veranstaltung der letzten Woche eingeladen wurden: die Wohnnachbarschaft, Vertreter der Universität und des Studentenwerks Gießen sowie die Stadtverordneten. Die Agenda-Gruppe Energie und die Presse konnten vom Verein Lebenswertes Gießen immerhin noch kurzfristig informiert werden. Weder auf der Homepage der SWG, der Homepage der Stadt Gießen, im Newsletter der Stadt Gießen noch über soziale Netzwerke oder zumindest über eine offizielle Pressemitteilung oder einen Hinweis im Veranstaltungskalender war die Veranstaltung angekündigt. Und dies, obwohl Lebenswertes Gießen bereits Anfang April die SWG (sowie die Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz und die SWG-Aufsichtsratsvorsitzende Astrid Eibelshäuser) schriftlich auf die Notwendigkeit genau solcher Maßnahmen hingewiesen hatte, um eine breite Öffentlichkeit, die der Verein nicht ersetzen könne und wolle, für die Veranstaltung zu interessieren.
„Erneut haben sich die SWG für eine Strategie entschieden, die wir bereits bei den Veranstaltungen im November 2013 mit 5 und am 14.11.2014 mit rund 15 Zuhörern klar kritisiert haben“, moniert der Verein dieses Vorgehen. „Im Nachhinein heißt es dann jeweils, es bestehe in der Bevölkerung kein Interesse an Informationen zur Energieversorgung“. Dass die Gießenerinnen und Gießener ganz im Gegenteil großes Interesse am Thema haben, hat die rechtzeitig und umfassend beworbene Veranstaltung im Juni 2014 im Rathaus gezeigt, zu der über 120 Bürgerinnen und Bürger erschienen waren.
Diese die eigenen Kunden vollständig ignorierende Strategie der SWG zeigt zum einen, dass die im letzten Juni von der OB in Aussicht gestellte „Erziehung“ der stadteigenen Tochter nicht gefruchtet hat, und zum anderen, dass es offenbar seitens der SWG kein Interesse an dem von der OB versprochenen ergebnisoffenen und transparenten Prozess gibt. Vielmehr kann diese Vorgehensweise der SWG nicht anders interpretiert werden, als dass die Stadtwerke nicht mit offenen Karten spielen möchten und zu viel öffentliche Teilhabe an den Prozessen nicht gewünscht ist.
Ein unzeitgemäßes Gebaren konstatiert daher der 2. Vorsitzende von Lebenswertes Gießen e. V. Thomas Hilbrich. „Bei anderen Energieversorgungsunternehmen sind Instrumente wie ein Kundenbeirat inzwischen selbstverständliche Kommunikationsangebote an die eigenen Kunden. In Gießen schafft man es noch nicht einmal, eine im Rahmen der Energiewende wichtige Veranstaltung öffentlichkeitswirksam zu bewerben. Offenbar haben die SWG noch nicht verstanden, dass Bürgerakzeptanz auch für sie ein wichtiger Rohstoff ist.“
Bezogen auf die im Rahmen der Veranstaltung getroffenen inhaltlichen Aussagen begrüßt der Verein die klare Stellungnahme der Stadtwerke, dass es über die TREA II hinaus keine Pläne für die Ausweitung des Hauptenergieerzeugungsstandorts am Leihgesterner Weg gebe. „Die Ausführung des designierten neuen SWG-Vorstands Matthias Funk, dass vor dem Jahr 2020 dort sicher keine weiteren Anlagen geplant geschweige denn gebaut würden, sollte daher für die Gießener Politik und Stadtplanung Anlass genug sein, die dafür vorgesehene Sonderfläche SO-3 (Biomasseheizkraftwerk BMHKW) aus der Planung des Technologie- und Gewerbeparks Leihgesterner Weg herauszunehmen“, so der Vereinsvorsitzende Lutz Hiestermann. „Vorratsbeplanungen ohne konkrete Vorhaben sind an dieser Stelle unangemessen, der Verein fordert daher den Verzicht auf die Flächenfestsetzung als Sondergebiet Energie im Bebauungsplanverfahren.“